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10 Zum Abschluß

Der alte Naturpfad, angelegt 1933/1934, von den Mainwiesen in der Zellerau über den Hexenbruch nach Erbachshof führend, streifte auch den großen Buchnerschen Steinbruch.

Zum Abschluß noch ein Bericht über diesen Steinbruch aus einer vom Verschönerungsverein Höchberg 1935 herausgegebenen Wegbeschreibung dieses Pfades.

Lassen wir die Verfasser dieses Berichtes - Martin Wilhelm und Johannes Foersch - noch einmal die Schönheit des alten Hexenbruchs zeigen:

„Der verlassene Steinbruch von Firma Buchner, der einst gute Bausteine aus den mittleren Schichten des Oberen Muschelkalks lieferte, zeigt uns einen gewaltsamen Eingriff in die Erdrinde, belehrt uns aber auch, wie der fortdauernde Schöpferwille durch Verwitterung, Schuttabrutsch und Pflanzenbewuchs das anstehende Gestein wieder bekleidet.

Oben säumen Schwarzdornhecken den Rand und bilden im Frühling einen köstlichen Blütenkranz um den Steinbruch; auch bieten sie den Goldammern, Rotschwänzen, rotrückigen Würgern, Meisen und anderen nützlichen Singvögeln willkommenen Unterschlupf. Unter der oberen erdigen Schicht der flachgründigen Kalkschwarzerde folgt zuerst eine Schicht Gesteinsschutt (Abraum), der durch Verwitterung des Gesteins entstand; dann erst erscheint das Felsgestein. Die zahlreichen Schichten erzählen uns von Jahrtausenden, in denen Meerwasser über unsere Heimat flutete und diese Kalkschlammschichten absetzte, die später versteinerten. (Die oberste Schicht dieses Hauptmuschelkalkes ist hier nicht vorhanden; sie enthält starke Quader, wie sie bei Randersacker, Sommerhausen, Kirchheim und Krensheim gebrochen werden.) Der Mensch ließ die Hand von diesem Steinbruch; aber die Naturkräfte, besonders Wasser- und Eiswirkung arbeiteten weiter, in Risse und Spalten warf der Wind Staub und Pflanzensamen. Vögel ließen mit ihren Auswurfstoffen Kerne fallen, die zu keimen begannen, - und so geschah, was in den Urtagen nach dem Zurückweichen des Wassers vor sich ging: die Pflanzenwelt - und bald nach ihr die Tierwelt - eroberten die kahlen Stellen. Einst rollte eine Nuß von oben, jetzt grünt ein schöner Nußbaum aus dem Geröll am Hange, auch Waldrebe und andere Sträucher, sowie ein Kirschbaum schlugen Wurzel in den Steinritzen.

Im Frühjahr sind ganze Flächen gelb von Färberwaid, einem Kreuzblütler, der früher zur Blaufärbung von Zeug benutzt wurde; Veilchen blühen unter den Hecken, Wolfsmilch und Wegerich grünen an den Halden. Eine rechte Bienenweide! Der Sommer lockt eine weitere Menge von kalkliebenden Kräutern hervor. Goldig leuchtet das Johanniskraut, blaue Skabiosen nicken, violettrot lachen die Büschel der Dosten und des Thymians, Kleearten blühen bunt neben Hasenohr und Wegewarte und der grüngelbe Pastinak, diese Gemüsepflanze der Germanen, schießt hoch ins Kraut und spreizt die breiten Dolden. Auf der ersten Halde wuchert ein niedlicher, steif aufstrebender, violett beblümter Lippenblütler, der gemeine Gamander. Auch die Eichelmöhre, die wilde Möhre, das weiße Labkraut, die hübsche lilarosa Kronenwicke, die schneeige Schafgarbe, eine Enzianart, Natternkopf und Disteln, sie finden neben vielen anderen gutes Auskommen im alten Steinbruch.

Oben unter Weißdorn- und Schlehenhecken flattert`s und zwitschert`s - auch die Tierwelt ergreift Besitz vom Gestein. In den Spalten nisten Rotschwänze, Feldsperlinge und Kohlmeisen, unter den Hecken Rotkehlchen und Neuntöter (Würger). Schwalben jagen nach fliegendem Kleingetier, und der an seinem schneeweißen Bürzel kenntliche Steinschwätzer, der irgendwo am Boden brütet, lockt mit scharfem Ruf von den Steilhängen. Drüben von den Obstbäumen klingt die langgezogene Schlußstrophe des Baumpiepers, der steil in die Luft gestiegen ist und jetzt mit langgezogenen Pieptönen in einen Wipfel einfällt. Mit diesem „Balzflug“ prahlt er vor seinem Weibchen.

An zwei Stellen rechts vom Pfade - jedesmal macht uns die ans Gestein gemalte Wegmarke darauf aufmerksam - sind die Schichten nicht mehr waagrecht, sondern stehen senkrecht oder schief. Diese Schichtstörungen erzählen von früheren Einstürzen. Leichtlösliche Mineralien im Untergrund (Gips, Salze) wurden vom Wasser entführt, es bildeten sich Hohlräume, und die oberen Schichten stürzten ein.

Auf der mächtigen Abraumhalde des Steinbruchs grünen viele Akazien. Diese Bäume, eigentlich Robinien genannt, greifen mit außerordentlich langen, kräftigen Wurzeln in den Grund und festigen so den Schutthang.

Wir finden auch hier Versteinerungen von vorzeitlichen Muscheln und Schnecken, die vom Tierleben in jenem Triasmeer eine deutliche Sprache reden. – Wie alt ist unsere Erde! Wie jung die Menschheit!“

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